Der Küsnachter Drachen

(entstanden im Programm: Wandern und schreiben im Küsnachter Tobel, nach den Stichworten. Drachenhöhle / Felssturz / Papierschiffchen)

In uralten Zeiten hauste im Küsnachter Tobel ein gar grauslicher Drache. Seit Tausenden von Jahren plagte er die Bewohner rund um Küsnacht herum. Er frass den Bauern das Vieh von den Weiden, zertrampelte Felder und Häuser und wütete wo er sich gerade befand. Wohl versuchten tapfere Frauen und Männer mit List, Tücke und gar Gewalt dem Scheusal beizukommen, doch vergeblich. Mit einem einzigen Hieb seines Schwanzes schlug er die Leute das Tobel hinab und warf Steine hintennach. Deshalb ist der Bachlauf und die Tobelwände noch heute übersät mit Gesteinsbrocken. Still erduldeten die Menschen lange Zeit das Scheusal und verkrochen sich, wenn der Drache wieder einmal schlechte Laune hatte. Durch nichts liess sich dieser besänftigen. Opfergaben schlang er achtlos herunter und auch das Angebot ihm eine neue, komfortablere Höhle anderswo zur Verfügung zu stellen, wies er ab. Niemand wusste einen Rat, wie dem Drachen beizukommen war.

 

Oberhalb des Tobels wohnte aber ein listiges und pfiffiges Bäuerlein. Ihn fragte man um Rat. Der Bauer schlug vor, mit dem Teufel ein Geschäft abzuschliessen um dem Drachen ein für allemal den Garaus zu machen. Gesagt, getan, der Teufel versprach mitzumachen und den Höhleneingang mit einem riesigen Stein zu verschliessen. In einer finsteren Nacht machte er  sich auf den Weg, brach einen Felsbrocken aus der Tobelwand und schleppte ihn in Richtung Höhle. Er geriet arg ins schwitzen, und weil er in der Nacht zuvor eifrig gebechert und Kopfschmerzen hatte, schlief er auf halbem Weg ein und liess den Felsbrocken inmitten des Weges liegen. Der Teufel hatte seine Belohnung im Voraus kassiert und machte sich am nächsten Tag aus dem Staub. Deshalb liegt der Brocken heute noch dort.

 

Nun nahm das Bäuerlein die Sache selber in die Hand. Er liess sich vom Dorfschmied eine riesige Kette schmieden und wollte mit dieser den Höhleneingang verschliessen. Eine weise Frau aus der Eulachstadt stellte ihm aus knallrotem Zauberpapier ein Drachenschiff her. Um sich zu schützen, hatte das Bäuerlein im Heck des Schiffes eine Schweizerfahne montiert. Bei der nächsten Gewitternacht, stockfinster und mit heulenden Winden, segelte er das Tobel hinauf und begann den Höhleneingang zuzuketten. Kurz bevor er fertig geworden war, erwachte der Drache und fing an zu wüten. Doch es war zu spät. Mit seinem letzten Atemzug blies er noch einen Stein durch ein Kettenglied und sank dann zu Boden. Der Stein rollte den Abgang hinunter und drückte das Schiffchen unters Wasser und dieses ward nie mehr gesehen. Nach seiner mutigen Tag stieg das Bäuerlein das Tobel hinab und wurde im Dorf mächtig gefeiert.

 

Noch heute kann man im Küsnachter Tobel den Höhleneingang besichtigen und mit Schaudern schreckliche Geschichten über den Drachen erfinden.