Balduin war die Seele von einem Elefanten. Gutmütig, liebevoll, hilfsbereit und immer für ein Schwätzchen zu haben. Wenn man laut genug sprach.

 

Balduin hatte aber auch eine dunkle Seite. Wenn er Durst bekam und zu seinem Wasserloch wollte, durfte man ihn nicht aufhalten. Denn dann nahm er auf nichts Rücksicht, wollte nur trinken. Und trampelte alles nieder. Trampelte durch Gärten, trampelte über Höhlen, trampelte über alles hinweg. Dazu trompete er laut, trompete seine Musik. Die anderen Tiere fanden seine Melodien zwar grauenhaft, aber Balduin sagte dazu nur: Kunstbanausen.

 

Vor dem Wasserloch schwang Balduin jeweils seinen Rüssel immer hin und her. Hin und her. Und wischte dabei jedes Mal einen Ameisenhaufen weg. Die Ameisen verzweifelten beinahe. Jeden Tag wieder mit der Arbeit von vorne beginnen. Mit Balduin sprechen konnten sie nicht. Er war so gross, sie so klein, er hörte sie einfach nicht. Und was da auf dem Boden herumkroch, konnte er mit seinen wässrigen Augen eh nicht sehen.

 

Egon und Oskar, die Anführer der Ameisen suchten nach Lösungen und beriefen eine Ameisenversammlung ein. 10’000 Ameisen waren erschienen. Verschiedene Vorschläge wurden besprochen. Schliesslich beschloss die Versammlung, dass man Balduin gefangen nehmen wollte und erst wieder freilassen würde, wenn er ihnen versprach, einen anderen Weg zu nehmen. Gesagt, getan, die Ameisen errichten Sperren und flochten aus Grashalmen lange Seile um Balduin zu fesseln. „So“, sprach am Abend Egon zu Oskar, „das sollte reichen, diesen Dickhäuter schnappen wir uns morgen früh“.

 

Am nächsten Morgen waren alle auf den Beinen und warteten auf Balduin. Und Balduin kam. Tramp, Tramp, Polter. Und huschte einfach über die Seile hinweg. Rüsselschwung und wusch, der Ameisenbau war fort. Da packte Egon, Oskar und all die andern die Wut. Sie stürzten auf Balduin los. 10’002 Ameisen. Überall packten sie ihn. Balduin bemerkte aber nichts. Auch nicht das Egon und Oskar den Rüssel hinaufkletterten. Die beiden wollten ihm in die Augen sehen und ein ernstes Wort mit ihm reden.

 

Dummerweise geriet Oskar in die Nähe des Nasenloches und das kitzelte Balduin. Heftig musste dieser niesen und Oskar wurde fortgeblasen. Als sich Oskar wieder aufrichtete, sah er, dass Egon immer noch auf Balduins Kopf herumturnte. „Halt aus Egon, pack ihn, nur du kannst uns noch retten“. Und Egon kletterte weiter. Balduin merkte nun doch, dass etwas nicht stimmte. Denn vor seinem Auge sprang etwas hin und her und schwenkte eine rote Fahne. Er konnte den Augendeckel auf und zu klappen so viel er wollte, dieses Ding verschwand nicht vor seinem Auge. Balduin bekam es mit der Angst zu tun und er blieb stehen. Gelegenheit für Egon um zum Ohr von Balduin zu kraxeln. Was für eine riesige Höhle tat sich da für Egon auf. Und Egon nahm den Rest von seinem Mut zusammen und brüllte in das Ohr von Balduin so laut er konnte. „Balduin, Balduin, hör mir zu“. Und Balduin hörte zu. Hörte was Egon erklärte. Und Balduin begriff.

Seit jenem Tag achtete Balduin darauf, den Ameisenbau nicht mehr zu berühren. Und jedes Mal winkte er seinem Freund Egon zu. Und keine Frage, seit jenem Tag war Egon der grosse Ameisenheld.

Und die Moral von der Geschicht. Keiner zu klein, ein Held zu sein