vorgegebener Satz: Etwas hat sich verändert in der Luft

St. Nikolaus

Etwas hat sich verändert in der Luft. Und nicht nur in der Luft. Alles fühlte sich heute so anders an. Katharina räkelte sich in ihrem Bett, zog die Decke fest um ihren Körper, genoss die Wärme. Und streckte sich wie eine Katze. Noch gestern schien ihr alles grau und trüb.

Der Kaffee in der Küche schmeckte nach nichts und als sie aus dem Fenster schaute, fiel ihr als erstes die blinkende Lichtergirlande in Huber’s Garten auf. Sie empfand das Geblinke als noch scheusslicher wie letztes Jahr. Kaum aus dem Haus, war sie sie auf dem verreisten Trottoir ausgeglitten. Und dann fuhr ihr auch noch das Tram vor der Nase weg. Auf dem Weg in die Stadt, fror Katharina an Hände und Füsse. Es schien ein grauenvoller Tag zu werden.

Alles änderte sich aber, als sie nach Feierabend durch die Junkergasse ging. Dort waren Samichlaus und Schmutzlis mit einem Wägelchen unterwegs gewesen. Sogar ein richtiger Esel war eingeschirrt. Sie standen vor einem Kaufhaus und scharten ein paar Passanten um sich. Der Samichlaus las aus einem grossen Buch vor. Neugierig war Katharina stehen geblieben und schob sich immer näher dem Samichlaus entgegen. Auf seine Worte hörte sie weniger, vielmehr fesselten sie seine Augen. Sie funkelten regelrecht aus seinem Gesicht heraus. Und Katharina konnte den Blick nicht mehr von ihnen lösen. Dem Nikolaus schien es ähnlich zu gehen. Er blickte auf sein Buch und schien dann seine Worte nur noch an Katharina zu richten. Und in einem unbeobachteten Moment schrieb der Nikolaus etwas auf den Seitenrand seines Buches, riss das Papier weg und überreichte es Katharina, zusammen mit einer Mandarine. Dann wandte er sich wieder den Passanten zu.

„Trinkst du einen Glühwein mit mir? Bin um 22.00 Uhr in der Unterführung. Samichlaus“. Katharina steckte das Zettelchen in die Jackentasche und eilte davon. Aufgeregt wartete sie bis zur verabredeten Zeit und war pünktlich in der Unterführung. Der Nikolaus war bereits dort. Ohne weissen Bart, aber mit rotem Gewand und Kapuze. Und als er erzählte, dass er nicht nur Kaufhaus-Nikolaus sei sondern auch noch Klaus heisse, war der erste Schritt zum näheren Kennenlernen getan. Der Glühwein war köstlich und die Beiden lachten viel zusammen. Und als Katharina auf dem Nachhauseweg auf dem Trottoir ausglitt, hielt sie Klaus mit seinen Händen fest und zog sie zu einem langen Kuss in seine Arme. Sehr viel später einmal erschien Katharina die Lichtergirlande in Huber’s Garten als bezaubernd. Im Nikolausbuch lasen die Beiden in dieser Nacht nicht mehr.

Und nun duftete es herrlich nach frischem Kaffee aus der Küche. Katharina tappte durch das Schlafzimmer. Autsch! Sie blickte zu Boden und sah, dass sie auf ein Erdnüsschen getreten war und eine Nüsschenspur direkt zur Küche führte. Und als sie sah, dass an der Garderobe das rote Gewand und die Kapuze hing und auf dem Fussboden die schwarzen Stiefel des Nikolaus standen, wusste sie, dass sie nicht geträumt hatte. Das Frühstück stand bereits auf dem Tischchen und Klaus blickte sie mit strahlenden Augen an. „Soll ich dir aus dem Nikolausbuch vorlesen?