Das alte Bauernhaus (Bildbetrachtung)

Eine Türe, 2 Klopfer. Ja, ich kenne solche Klopfer. Sie erinnern mich an das alte Bauernhaus von „Stutzpuure-Gustav“.

Tock, tock, tock, der Klang, hallend durch das alte Gemäuer. Ich hör’s noch als wäre es gestern. Ein alter Mann, eben der „alte Guscht“, hauste dort allein in seiner Hütte. Er mochte uns Buben nicht. Wir ihn umso mehr. Denn was konnten wir ihn ärgern. Ein Vergnügen. Sein Haus lag gegenüber unserem Schulhaus. Mit tief gezogenem Dach, einer Steintreppe mit abgetretenen Stufen und eben der Tür mit dem Türklopfer.

War unsere Bubenschar gerade in der Nähe seines Hofes, teilten wir uns jeweils auf. Die „Späher“ linsten vom Seitenfenster in die Stube, die „Klopfer“ lauerten vor der Türe. Und immer wenn „Guscht“ am Stubentische sass, ass oder las meldeten die „Späher“ das Geschehen an die „Türklopfer“ weiter.

„Es goht los“ riefen dann die Beobachter. Den Türgriff in der Hand. Schweres, geschwärztes Eisen, wohl geformt. Kühl lag der Klöppel in der Hand wenn’s schattig war, warm, wenn die Sonne ihn gewärmt hatte. „Mach emol“, das Kommando. Tock, tock, tock… Hat uns „Guscht“ gehört? Tatsächlich, ein Scharren des Stuhles in der Stube war hörbar. Dann ein Schlurfen durch den Gang. Knarrend öffnete sich die Türe. Von der Sonne ausgebleicht, verwittert das Holz. Und genauso auch „Guscht“. Gebeugt, zerknittert, mit schlohweissen, wirren Haarbüscheln und einer schwarzen Zipfelmütze.

„Was wänd ihr Donnersburschte weder? Mich ärgere hä? Söibuebe ihr!“ „Nei, nei, das Mol ned“ rief der Mutigste von uns. „S’Söili isch im Garte und frisst de Solot“. „Denn muess i dänk go luege öbs stimmt“, grummelte „Guscht“. „Aber wehe wenn ned, denn chumm i öi mit der Geissle go zwicke“. „Guscht“ liess die Türe jeweils offen und wir sahen in Gang und Wohnstube. Den Hutständer, die alten Bilder, die abgeschossenen Möbel. Und es roch nach Lebensgeschichten. Wir aber hatten unsere Freude, wussten wir doch, dass das Söili im Stalle war und uns „Guscht“ auf seinen alten Beinen nie erwischen würde.

„Guscht“ hatte seinen Rundgang beendet und wir hörten ihn wettern. „Schnuderbuebe ihr, wart öich wotti, jetzt git’s eis mit de Geissle“. Ein Griff zur immer bereitstehenden „Geissle“ und so schnell ihn die Beine trugen, kam er den Gang entlang gehastet. Die Türe zuknallen, den Klopfer noch ein paar Mal krachen lassen, waren eins. Dann stoben wir davon. Wenn „Guscht“ dann die Türe aufriss, war von uns niemand mehr da, ausser unserem Gelächter. Mittlerweile waren wir nämlich auf die Nebenseite des Hauses geschlichen, wo wir dann an die Fenster klopften und an den Fensterläden rüttelten.

„Guscht“ ist längst nicht mehr und sein Haus musste einer Überbauung weichen. Doch die Erinnerung ist geblieben.